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ASV 08 Hüttigweiler 1 gegen Heusweiler am 21. 12. 2002

SZ vom 23. 12. 2002 im Sportteil

Spannende Kämpfe der ungleichen Reinshagen-Brüder

Am letzten Kampftag der zweiten Ringer Bundesliga gewinnt Hüttigweiler das Saar-Derby gegen Heusweiler klar mit 17:10,5

Von MICHAEL BENDER -

Hüttigweiler. Grimmig schaut Thomas Reinshagen unter seinem Kopfverband hervor. Der 32-jährige Ringer des ASV 08 Hüttigweiler kann es gar nicht erwarten, erneut auf seinen Kontrahenten Christoph Gall aus Heusweiler loszugehen. Noch trennt die Hand des Kampfrichters die beiden. Sein Pfiff beendet die Verletzungs-Auszeit. Durch eine ruppige Abwehr-Aktion seines Gegners ist Reinshagens Augenbraue schwer aufgeplatzt. Ein Grund mehr für den ASV-Athleten, ordentlich Vollgas zu geben.

Hüttigweiler führt 10,5:8,5. Reinshagen führt im zweitletzten Kampf nach einem Durchdreher 2:0. Beide Athleten treten zwar in der Klasse bis 84 Kilo (griechisch-römisch) an, sind aber wesentlich leichter. AC-Ringer Gall ist außerdem ein gutes Stück kleiner und ringt äußerst passiv. Immer wieder windet er sich aus Reinshagens Griffen heraus, hängt gleichzeitig an ihm wie eine Klette. Dabei würde der Sportler aus Hüttigweiler seinen Lokalrivalen doch so gerne vor heimischem Publikum "fliegen lassen". Wut staut sich in ihm auf. Das kann man richtig sehen. Als würde er gleich explodieren. Zwei Mal wird Gall in die Bodenlage geschickt, zwei Mal hebt Reinshagen aus, zwei Mal arbeitet Gall unerlaubt mit den Beinen, zwei Mal erhält Reinshagen zwei Punkte. Einen Überwurf hat der Gast-Ringer so aber verhindert. Das Publikum ist genauso sauer wie Reinshagen und bringt dies auch lautstark zum Ausdruck. Endstand: 6:0. 17:8,5 für Hüttigweiler.

Das Duell im Weltergewicht (griechisch-römisch) fällt aus, weil Heusweilers Jens Wagner nicht antritt. Vasili Vozny sichert den Gastgebern kampflos vier Punkte. Jetzt ist Reinshagens älterer Bruder Frank dran. Der Trainer des ASV geht zum letzten Kampf des Abends auf die Matte. Der 33-Jährige wirkt ganz anders als sein Bruder, viel ruhiger und bedächtiger. Nach dem Kampf erzählt er: "Stimmt schon. Mein Bruder ist ein viel impulsiverer und aggressiverer Typ als ich - sowohl vom Charakter her als auch von seiner Art zu ringen. Er macht viel mehr mit Schnellkraft, reagiert oft eher automatisch. Ich ringe mehr mit Köpfchen, denke vorher darüber nach, welche Techniken ich anwende." Und noch einen Unterschied gibt es: "Thomas ist mehr ein Einzeltyp, ein guter Turnier-Ringer. Er wurde zum Beispiel 1990 Junioren-Europameister. Na gut, Ringen ist ja im Grunde auch kein Mannschafts-Sport. Ich kann mich aber bei Mannschafts-Kämpfen einfach besser motivieren, bin bei Turnieren weniger erfolgreich."

Zurück zum Kampf (74 Kilo Freistil): Zunächst belauern sich die beiden. Dann schnappt Doll nach Reinshagens Bein, erwischt es aber nicht. "Nochmal!", ruft ihm sein Mannschafts-Kollege Vicktor Efteni aus der Ecke des AC Heusweiler zu. Der kleine Freistil-Spezialist hat seinen Kampf gegen Torsten Dauster wie meistens technisch überlegen gewonnen (16:0). Jetzt übernimmt allerdings Frank Reinshagen die Initiative. Er packt Doll am rechten Unterschenkel und hält diesen vor seinem Brustkorb fest. Doll hüpft rum und stützt sich an seinem Gegner ab. Mit Erfolg! Er kann sich befreien. Bei einer zweiten solchen Aktion schafft es Reinshagen fast. "Dann hat der Kampfrichter leider abgepfiffen, weil Blut auf der Matte war. Ich hatte mich am Kinn verletzt, ohne es zu bemerken", erzählt er später. Und nach kurzer Verletzungspause hat Frank dann doch etwas mit seinem Bruder Thomas gemeinsam: einen frischen weißen Kopfverband. Nach sechs Minuten steht es immer noch 0:0. Verlängerung ist angesagt. Reinshagen greift an, Doll kontert am Boden und schafft einen Dreher. 2:0 und Schluss. "Das war natürlich ärgerlich", sagt Reinshagen, lobt aber auch fair seinen Gegner: "Er hat sehr gut abgewehrt und aus der Defensive heraus entscheidend gepunktet. Das muss man ihm wirklich lassen. Er ist eben auch elf Jahre jünger als ich und dementsprechend fit." Trotzdem gewinnt Hüttigweiler letztlich klar mit 17:10,5, und die ungleichen Reinshagen-Brüder haben wieder etwas gemeinsam: Grund zum Feiern.