Darmstadt
(ben): Viereinhalb Stunden Gespräch, Ergebnis: Vorerst keins.
Das ist die Bilanz des Gesprächs zwischen der deutschen
Nationalmannschaft und dem Präsidium des Deutschen
Ringer-Bundes DRB. Nach einem schriftlichen Hilferuf der
Sportler an den DRB und die Medien hatte der Ringer-Bund die
Athleten zum "Pflichttermin" nach Darmstadt zitiert,
um dort eine Aussprache zu ermöglichen. Allerdings ohne die
Person, um die es vorrangig geht - Sportdirektor Detlef
Schmengler. Trotz mehrfacher Bitten der Sportler wurde
Schmengler nicht zur Sitzung mit eingeladen - eine Klärung der
Probleme und Vorwürfe war deshalb von vorneherein
ausgeschlossen.
Ausgeschlossen
wurden auch die Landespräsidenten von Brandenburg und Sachsen,
die mitgereist waren, um ihren Sportlern den Rücken zu stärken.
Erst wurden sie in den Sitzungssaal eingelassen, dann wieder
hinauskomplimen- tiert. "Es wäre den anderen
Landesorganisationen gegenüber unfair, nur einige teilnehmen zu
lassen" erläuterte DRB-Präsident Werner (Bild) und
verweigerte auch die Bitte Benedict Rehbeins (Präsident
Sachsen), als stille Teilnehmer im Raum bleiben zu dürfen.
BRB-Präsident Kreckl und Rehbein verließen damit nach wenigen
Minuten den Sitzungsraum und legten somit mehrere tausend
Kilometer zurück, ohne ein Wort mit dem Präsidium wechseln zu
können.
Auch
vor und nach der Sitzung gab es dazu keine Gelegenheit, die
Kommunikationspolitik des Ringer-Bundes war eher zurückhaltend:
In der Woche vor der "Aussprache" war das Präsidium
oftmals nicht erreichbar oder im Urlaub, Anfragen der Saarbrücker
Zeitung führten in der gesamten oberen Ebene des DRB zu nichts.
Detlef Schmengler hält sich bereits seit Auftauchen der Vorwürfe
gegen ihn bedeckt, in Darmstadt war er nicht zugegen, "um
Verunsiche- rung der Sportler zu vermeiden", wie der DRB
erklärte. Das sei übrigens auch einer der Gründe gewesen,
weshalb Schmengler den Sportlern nicht vorgestellt worden sei,
hieß es in der Sitzung: Um die Sportler nicht vorschnell zu
einem Urteil zu bringen. Soll heißen: Hätten sie über Detlef
Schmengler Bescheid gewusst, wäre das ein Grund zur Sorge für
die Athleten gewesen.
Auch
die vorbereitete Presseerklärung des DRB, die dann auf der
Webseite des Ringerbundes veröffentlicht wurden, entspricht nur
in Teilen der Wahrheit. Von offenem Dialog ist dort zu lesen und
von ausgeräumten Meinungs- verschiedenheiten. Personelle
Konsequenzen würden ausgeschlossen - und das von beiden Seiten.
Und auch die Feststellung, dass wirklich beide Seiten "das
Bestmögliche für den Sport erzielen" wollten, muss
angesichts der Vorgänge in Zweifel gezogen werden. Es ist
traurig, was sich dort in Darmstadt hinter verschlossenen Türen
abgespielt hat und man möchte den DRB bedauern, wäre das nicht
kurz vor der wichtigen Olympiaqualifikation der falsche
Zeitpunkt.
Wie
verzweifelt müssen 20 Spitzensportler sein, um sich in eine
solche Sitzung zu begeben, die meist nicht ihrem Naturell
entspricht? Was muss passieren, dass Kampfsportler die Seite
wechseln und sich zu Gesprächen begeben, nur um endlich wieder
auf die Matte zu können? Die Situation ist nicht bereinigt, wie
der DRB andeutet, sie ist im Gegenteil höchst alarmierend. Es
geht um Strukturen, die zerstört werden, um Abbau statt Aufbau
und um einen weitgreifenden Vertrauensverlust in den eigenen
Reihen, der 12 Monate vor der Olympiaqualifikation untragbar
ist. Sportler sind Menschen, die Bedürfnisse und ein soziales
Leben haben. Sie sind nicht Posten, die man hin- und herschieben
kann.
Trotzdem
sind sie zum Gespräch gekommen: Trotz des ungünstigen Termins
am Freitag Nachmittag, vor der Bundesliga und statt an ihrem
Gewicht zu arbeiten. Trotz der Tatsache, dass der DRB für den
"Pflichttermin" nun doch keine Fahrtkosten übernimmt.
Trotz der für sie unsicheren Situation, an fremdem Ort und mit
gestandenen Paragraphenreitern. Sie waren dort. Und drei Punkte
wurden in vier Stunden in Darmstadt schließlich zu Papier
gebracht: Der Kaderrauswurf von Meister Nico Schmidt (Bild
links), die Standortfrage Schifferstadt und der Ausschluss des
Ringer-Docs Klaus Johann von DRB-Maßnahmen. Alle Punkte will
der DRB bis zum 30. November prüfen lassen - Ergebnis offen.
Eine kluge Wahl, denn dieser Termin geht über die außerordentliche
DRB-Mitglieder- versammlung am 18.11.2006 hinaus und könnte die
aufgebrachten Landesorganisationen zum Abwarten zwingen.
Allerdings
wurde eins nicht beachtet: Im Ringkampfsport gibt es bei
Unentschieden inzwischen keine Verlängerung mehr: Ein Zwiegriff
entscheidet - hopp oder topp.
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